Walter Kaub
Buchen Odenwad
Entlang der Lorie
Verwischt
„Ein gutes Foto muss scharf sein, der Horizont darf nicht schief verlaufen,
das Motiv darf nicht
angeschnitten sein und außerdem sollte das Bild eine Geschichte erzählen.“
Solche und ähnliche Regeln für´s Fotografieren haben sich in viele
Fotografenhirne fest eingebrannt.
Moderne Kamerafunktionen, wie Autofokus, Motivprogramme oder
Bildstabilisator helfen dabei, unser „Idealbild“ zu produzieren. Da es aber
beim Fotografieren,
wie in der Kunst, kein „richtig“ und „falsch“ gibt, spricht nichts dagegen, einmal die
Automatiken der Kamera auszuschalten und sich bewusst
über Konventionen hinweg zu
setzen. Die folgenden Aufnahmen entstanden durch Defokusieren,
Verschwenken und erdrehen der Kamera.
Ob solche Bilder bei einem Wettbewerb Medaillen-Chancen hätten, darf
bezweifelt werden. Um so schöner ist es, dass es diese Seite hier gibt,
auf der Autoren eigene Themen benennen und Bilder abseits
des Mainstreams zeigen können.
Mal mit allen Regeln brechen
Lange führte das Stillleben in der Fotografie ein Nischendasein.
Dagegen sind die Food-, Produkt-
und Table-Top Fotografie mit ihren verkaufsfördernden Absichten allgegenwärtig.
Zur Zeit aber liegt es in der Kunstszene wieder im Trend und ist Thema
einiger Museen und Galerien. So ist z. B. im „Kunst Haus Wien“ noch bis zum
17. 2. 2019 die Ausstellung
„Stillleben - Eigensinn der Dinge“ zu sehen.
Als ich erstmals ernsthaft zur Kamera griff, waren es die Pflanzenbilder
von Karl Blossfeldt, die mich zu eigenen Versuchen inspirierte
Fortan stellte ich Blumen aus dem Garten oder aus der
Gärtnerei vor einen, meist schwarzen, Hintergrund und leuchtete
sie mit Halogenlämpchen aus dem
Baumarkt aus. Später waren es die Bilder von Robert Mapplethorpe, die
durch ihre scheinbar zeitlose Ästhetik beeindruckten.
Stilistisch orientierte ich mich (zunächst unbewusst)
an den Fotografenregeln der Kunstrichtung
„Neue Sachlichkeit“. Die Abbildungen waren scharf und von klarer Struktur.
Dem Experiment gegenüber aufgeschlossen folgten Aufnahmen mit
Bewegungsunschärfen, Durchlicht oder Verfremdungen.
Obwohl die Halogenlampen längst gegen einen Studioblitz ausgetauscht sind,
gestaltet sich die Ausleuchtung meiner Aufnahmen immer noch sehr einfach.
Ein paar Pappen zum Aufhellen oder
Abdunkeln sowie ein goldener Reflektor, gebastelt aus einer Rettungsdecke
aus der Apotheke, müssen in der Regel genügen.
Viele meiner Bilder verfolgen keine besondere Absicht und verweisen nur
auf sich selbst.Daneben stehen Stillleben, die klassische Vanitas-Motive zitieren
oder aktuelle ökologische, ökonomische und gesellschaftspolitische Themen
und zum Nachdenken anregen können. Wenn nun der Betrachter meinen Bildern
mehr als nur einen flüchtigen Blick schenkt, hätte sich ihre Veröffentlichung
schon gelohnt.
Stillleben